Sw-Foto Gerhard Wuch: Maria Wuch bei der Arbeit
Manchmal braucht das Betrachten und Verstehen, das Einlassen und Erspüren …
1955in Essen geboren
1973–1978Studium Kunstgeschichte, Studium Lehramt Sek. I (Abschluss)
1978–1998Tätigkeit als Lehrerin
ab 1998freischaffend tätig, Dozentin,
Mitglied der ARKA Kulturwerkstatt
ab 2006Mitglied der Ateliergemeinschaft „atelier 61a“
ab 2013Mitglied im Ruhrländischen Künstlerbund (RKB), Essen
2014Atelier „amtshaus” – Eröffnung

Alles, was ist, hat die ihm gemäße Form oder ist bestrebt, Form anzunehmen:
die Inselbildung nach der Überschwemmung, die Schneereste nach der Schmelze, die Schlacke nach dem Brand. Die Form, die das Leben zur Voraussetzung hat, die Form, die das Leben enthält – ist „formlos“ und doch Form

Emil Schumacher, Ein Buch mit sieben Siegeln, 1972

Die Suche nach dieser Form oder Unform, dem Baustein des Lebens, ist das, was mich in meiner Arbeit jeden Tag bewegt. Farbschüttungen lassen Retentionsgebiete für „glückliche“ und auch „unglückliche“ Zufälle entstehen, die anschließend mit lenkender Geste einerseits vom Vorgefundenen bestimmt, aber andererseits beeinflusst durch Präferenzen eigener Wahrnehmung und Erfahrung weiterentwickelt werden. Es entsteht in zahlreichen Schichten der Versuch die organischen Prozesse des Lebens zu erfassen, nachzuvollziehen und dynamisch weiterzuentwickeln.

Sw-Foto Gerhard Wuch: Maria Wuch nach der Arbeit
… den Mut und die Energie zum Loslassen und zur Entfaltung.

Wichtiger als jede inhaltliche Deutung meiner Malerei ist ihr Entstehungsprozess, das Gespräch mit dem Bild.

Dem Unbewussten, eher „Zufälligen“, lasse ich Raum, begegne ihm und entwickle mit ihm gemeinsam das, was dadurch nach Tagen oder Wochen intensiver Auseinandersetzung Schicht um Schicht zu dem wächst, was letztlich „akzeptiert“ wird.

Die Farbe als Stoff, als Materie, spielt bei meinen Bildern eine wichtige Rolle. Pigmente, Lacke, Erden und Gesteinsmehle wachsen in vielen sehr flüssigen Farbaufträgen allmählich zu komplexen reliefartigen Strukturen heran. Farben setzen sich über die wenigen Linien und angedeuteten Konturen hinweg. Sie scheinen Verborgenes sanft zu beschützen. Schicht um Schicht fügen sich auf diese Weise gespeicherte Informationen der verschiedenen Malprozesse zusammen.

Schon beim nächsten Bild ist keine Form, kein Material, keine Farbe festgelegt, alles beginnt aufs Neue, noch ohne ein erkennbares „Ziel“. Und doch entsteht letztlich ein Bild mit der Idee einer Natur, einer Umgebung, einer Welt, nicht als Bild von ihr, sondern als persönliche Interpretation wahrgenommener Außenwelt.

Umberto Eco philosophierte 1962 über das „offene Kunstwerk“ und sagte: „In einer Welt, in der die Diskontinuität der Phänomene die Möglichkeit für ein einheitliches und definiertes Weltbild in Frage gestellt hat, zeigt sie (die informelle Malerei) uns einen Weg, wie wir diese Welt, in der wir leben, sehen und damit anerkennen und unsere Sensibilität integrieren können. Ein offenes Kunstwerk stellt sich der Aufgabe, uns ein Bild von der Diskontinuität zu geben: Es erzählt sie nicht, sondern ist sie. Es vermittelt zwischen der abstrakten Kategorie der Wissenschaft und der lebendigen Materie unserer Sinnlichkeit und erscheint so als eine Art transzendentalem Schema, das es uns ermöglicht, neue Aspekte der Welt zu erfassen.“

Umberto Eco, Das offene Kunstwerk, Frankfurt 1977, S. 164